SPD Hohenloher Ebene

Kommentare, Glossen und Besserwisserei

Veröffentlicht am 02.08.2024 in Allgemein

Linnemann und Bürgergeld - bisher fehlt ein fachlicher Beitrag der Union

Linnemanns Hetz-Strategie gegen Bürgergeldbezieher*innen

Die Unionsparteien betreiben seit dem Amtsantritt ihres Generalsekretärs Carsten Linnemann wieder verstärkt Hetze gegen Minderheiten. Dazu erhielt er offenkundig den Auftrag seines Parteivorsitzenden, Friedrich Merz. Neben dem Dauerthema Migration arbeiten sich die Konservativen regelmäßig an Bürgergeldempfänger*innen ab. Da nützt es auch nichts, wenn Fachleute genauere Angaben zu den Bezieher*innen von Bürgergeld erläutern. Carsten Linnemann – sicher aus materiell guten und sicheren Verhältnissen wie sein durchaus reich zu nennender Parteivorsitzender – geht mit einer Bevölkerungsgruppe um, als seien diese gesellschaftliche Schmarotzer. Unterstützt zum Beispiel von der Springerpresse schaffen sie es damit immer wieder in die Top-Nachrichten.

Leider muss diese Vorgehensweise als populistisch bezeichnet werden, da das Ziel dieser Vorgehensweise lediglich Stimmungsmache ist. Sie bedienen sich eines komplexen Themas auf übermäßig vereinfachte Weise, um Menschen im Land zu stigmatisieren. Dabei bleibt falsch halt falsch! Schlimm daran ist, dass ganz sicher auch Fachleute in den Reihen der Mitarbeiterschaft der Unionsgranden zu finden wären, die aber entweder dieses Spiel der Fälschung mitspielen müssen oder eben nicht gefragt sind.

Von derzeit tatsächlich circa 5,5 Millionen Bürgergeldempfänger*innen in Deutschland sind aber beispielsweise 1,5 Millionen Kinder und Jugendliche, die aktuell gar nicht berufstätig sein können. Inakzeptabel viele Kinder leben ohnehin im Bereich der sogenannten Armutsgefährdung – in einem insgesamt reichen Land. Zudem kommen circa 1 Million Beschäftigte – häufig in Teilzeit – die sogenannte „Aufstocker*innen“ sind, deren monatliches Einkommen demnach nicht ausreicht, um „über die Runden“ zu kommen. Bei anderen liegen sehr unterschiedliche Gründe für die Erwerbslosigkeit vor, die auch möglichst individuell aufgenommen und bearbeitet werden müssen.

Häufig liegt die Erwerbslosigkeit in Qualifizierungsmängeln, d.h. dass Betroffene trotz verschiedener Angebote keine aktuell auf dem Arbeitsmarkt verwertbare Qualifikation vorweisen können. Deshalb besteht seit 2023 die Möglichkeit, auf verschiedene Weise berufliche Qualifizierung zu unterstützen- nicht nur durch finanzielle Anreize, aber eben auch. Das Nachholen von Berufsabschlüssen dürfte dabei das geeignetste Mittel sein, aber auch der Erwerb von berufsbezogenen Grundkompetenzen können die Rückkehr in Arbeitsverhältnisse erleichtern.

Sehr wenige Menschen richten sich gerne in diesem Hilfesystem ein. Natürlich gibt es Beispiele, die dann von bestimmten Medien gerne ganz groß aufgegriffen werden, um Stimmungsmache zu betreiben. Interessant sind natürlich Einzelfälle, bei denen Menschen, die den Staat komplett ablehnen ( zum Beispiel sogenannte Reichsbürger ) sich über viele Jahre oder gar Jahrzehnte von diesem verhassten Staat auf solche Weise „verhalten“ lassen.

Wer über Jahre mit Betroffenen gearbeitet hat ( wie ich zum Beispiel ) hütet sich - von solchen Einzelfällen abgesehen - vor Vereinfachungen bei der Einschätzung von Menschen, die auf Bürgergeld angewiesen sind. „Totalverweigerer*innen“, die es in einer sehr kleinen Anzahl geben wird, werden simplifiziert als Vorwand für „härteres Durchgreifen“ benutzt.

Die Lebens- und Berufsgeschichten sind derartig vielfältig, im Ergebnis aber häufig von Ängsten und Minderwertigkeitsgefühlen geprägt, die nicht selten in sehr jungen Jahren schon ihren Verlauf nehmen. Wer sich hierüber noch gründlicher informieren will, sei auf die vorhandene Fachliteratur und Statistiken verwiesen. Dies ist kein einfaches Thema mit einfachen Lösungen, sondern eine immerzu vorhandene Herausforderung für eine Gesellschaft, die auf Solidarität setzt, um zu existieren. An den Instrumenten, die zur Unterstützung und Wiederaufnahme von Erwerbsarbeit für Betroffene eingesetzt werden, muss nicht umsonst permanent gearbeitet werden, um tatsächlich Wirkung im Sinne der Betroffenen und der Beitragszahler*innen zu erzielen. Stigmatisierung, die öffentliche Beschimpfung der Betroffenen, bewirkt mit Sicherheit nichts, was einer Integration in Arbeitsverhältnisse dienen könnte. Im Gegenteil: in großen Teilen verunsicherte Menschen werden tendenziell damit noch stärker verunsichert – und treten eher noch „unattraktiver“ für potentielle Arbeitgeber*innen auf. Weshalb sollten sich derart öffentlich gedemütigte auch als künftige „Stützen der Firma“ fühlen und zeigen können?

Was in einer demokratischen und rechtsstaatlich organisierten Gesellschaft gar nicht geht: wenn Parteien oder sonstige politisch motivierte Gruppierungen eine Art Rachegefühl bei dauerhaft Beschäftigten und Abgabenzahler*innen auszulösen versuchen nach dem Motto „Wir müssen Steuern und Abgaben bezahlen, die (!) lassen es sich auf unserer Kosten gut ergehen!“

Denk´halt mal darüber nach.

TrumPeter im August2024

 

Wer sich die Zeit zum Lesen nehmen will und kann, seien die Veröffentlichungen und Untersuchungen des IAB ( Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung ) empfohlen.

Statistische Angaben finden sich beim IAB, aber auch bei Statista und anderen geeigneten Quellen.